Jeder Badegast kennt diesen leichten Geruch von Chlor, der ab und zu im Schwimmbad in der Luft liegt. Aber warum riecht es im Schwimmbad überhaupt nach Chlor? Die Antwort ist einfach: jeder Schwimmer hinterlässt im Schwimmbecken Haare, Hautschuppen oder Kosmetika. Und: im Schnitt auch ca. 0,2 Liter Schweiß und 50 ml Urin. Zusammen mit diesen Verunreinigungen gelangen auch krankheitserregende Mikroorganismen ins Wasser. Um die Infektionsgefahr zu reduzieren und zu verhindern, dass die Badegäste krank werden, braucht es ein Desinfektionsmittel, das die Keime zuverlässig und mit hoher Geschwindigkeit abtötet. Das leistet Chlor, das im Wasser schnell mit den Krankheitserregern reagiert.
Auch im Rüdesheimer Schwimmbad, eines von vier Freibädern in der VG Rüdesheim, wird das Badewasser gechlort. Nachdem das Wasser über die Filteranlage aufbereitet wurde, wird das Badewasser desinfiziert. Die Chlorung erfolgt hier mit Chlorgas, das in grauen Stahlgasflaschen bevorratet wird und dem Filtratwasser beigemischt wird. Grundsätzlich ist die Chlorung für die Badegäste ungefährlich und dient der Desinfektion des Badewassers. Heikel könnte es aber beim Wechsel der Gasflaschen werden, wenn diese beispielsweise unkontrolliert umfallen oder das Ventil abreißt. In diesem Fall ist dann schnelle Hilfe gefragt.
Flaschenwechsel nur außerhalb der Badezeiten
„Wir wechseln die Gasflaschen nur außerhalb der Badezeiten, um bei einem möglichen Zwischenfall, der trotz aller Sorgfalt nie ganz auszuschließen ist, keine Badegäste zu gefährden.“, betont Stefan Nerbas, Geschäftsführer der N&W Bäderbetriebsmanagement GmbH in Meisenheim, der im Rüdesheimer Freibad für die Betriebsführung verantwortlich zeichnet. Um für einen hoffentlich nie eintretenden Austritt von Chlorgas trotzdem gewappnet zu sein, steht Nerbas regelmäßig in engem Kontakt mit der Wehrführung der Rüdesheimer Stützpunktfeuerwehr. Gemeinsam mit Stefan Nerbas und dem ersten Ortsbeigeordneten Heinz-Herbert Stephan entwickelten Wehrführer Martin Barth und sein Stellvertreter Rouven Ginz vor einigen Jahren Einsatzregeln für einen Chlorgasaustritt im Schwimmbad am Ellerbach.
Am vergangenen Dienstag übten 26 Aktive die notwendigen Einsatzmaßnahmen. Zu Beginn stellte Stefan Nerbas den Kameraden die Räumlichkeiten zur Wasseraufbereitung vor und wies sie in die Bedienung der Beregnungsanlage des Chlorgasraums ein.
„Die Einsatzmaßnahmen unserer Feuerwehr für einen Chlorgaseinsatz im Schwimmbad haben wir gemäß der GAMS+-Regel nach dem Gefahrstoffkonzept Rheinland-Pfalz gegliedert: Gefahr erkennen – Absichern und Absperren – Menschenrettung unter Eigenschutz durchführen – Spezialkräfte nachfordern!“, führte Martin Barth aus und stellte seinen Männern den Ablauf eines Einsatzes vor.
„Grundsätzlich wird bei einem Chlorgasaustritt nach Absetzen des Notrufs die Alarmstufe 2 durch die Leitstelle in Bad Kreuznach ausgelöst. Neben der örtlichen Stützpunktfeuerwehr werden in diesem Fall dann auch Spezialkräfte mit Messfahrzeug, Gerätewagen-Gefahrgut und die Dekontaminationseinheit des Gefahrstoffzuges des Landkreises mitalarmiert. „Unsere primären Aufgaben bestehen in der Menschenrettung und dem Niederschlagen der giftigen Chlorgaswolke!“ so Martin Barth weiter.
Die anschließende Übung sah den Austritt von Chlorgas beim Flaschenwechsel vor. Gruppenführer Patric Seefeldt, der auch die Einsatzleitung bei der Übung hatte, ließ seinen Angriffstrupp bereits auf der Anfahrt zum Schwimmbad im LF 16/12 Atemschutz anlegen. Bei der Erkundung stellte Seefeldt fest, dass ein Schwimmbadbediensteter verletzt vor dem Chlorgasraum lag. Maik Pleines und Luca Viehl vom Angriffstrupp unternahmen umgehend die Menschenrettung und holten den Mann aus dem Gefahrenbereich. Weitere Gruppenmitglieder bereiteten unterdessen die C-Schlauchleitungen vor, um die Chlorgaswolke niederzuschlagen. Dieses Mal sah Übungsleiter Martin Barth auch die Evakuierung von Badegästen und Schwimmbadpersonal in sichere Bereiche des Geländes vor. Diese Aufgabe übernahm parallel die Besatzung des MTF um Gruppenführer Jörg Baum. Die Mannschaften des TLF 24/50 und des RW 1 um die Gruppenführer Dirk Fickinger und Florian Wolf stellten derweil eine B-Schlauchleitung mit der Haspel des LF 16/12 zum nächsten Hydranten an der Kesselbergstraße her, um ausreichend Wasser für den anschließenden Einsatz des Wasserringmonitors zur Verfügung zu haben. Der tragbare Werfer kam ergänzend zum C-Rohr zum Einsatz und stößt 1.600 Liter/Minute aus – die vorhandenen Wasservorräte in den Tanks von LF und TLF wären ohne eine gesicherte Wasserversorgung in gut vier Minuten erschöpft.
Die weiteren Einsatzmaßnahmen, wie beispielsweise die Bergung der Flasche unter Vollschutz und Messungen zur Ermittlung einer möglichen Ausbreitung der Gaswolke, würden im Realfall von den Spezialisten des Gefahrstoffzuges vorgenommen werden. Wehrführer Martin Barth zeigte sich mit dem Übungsablauf zufrieden, das Übungsziel wurde erreicht. Stefan Nerbas bedankte sich bei den Einsatzkräften für die Übungsdurchführung, die der Sicherheit des Schwimmbadpersonals und der Badegäste dient.
Text: Rouven Ginz, stellvertretender Wehrleiter
Bilder: Feuerwehr Rüdesheim