So, oder ähnlich, könnte eine Schlagzeile nach einem Gefahrstoffeinsatz heißen. Nach langem Aussetzen der Übungsdienste aufgrund der COVID19-Situation, übten die Mitglieder der Gefahrstoffstaffel Wallhausen (VG Rüdesheim) am vergangenen Samstag, im Rahmen einer Ganztagesausbildung, unter anderem dieses Einsatzszenario.
Begleitet wurden die Feuerwehrmänner an diesem Tag von Dr. Ulrike und Dr. Axel Rodenstein – Fachberater für chemische Gefahren des Landkreises Bad Kreuznach. Beide wurden 2019 in diese ehrenamtliche Funktion berufen. Die Aufgabe des Fachberaters C besteht unter anderem darin, die Führungskräfte der Feuerwehr im Rahmen eines chemischen Einsatzes fachlich zu beraten.
Als Einstimmung und Vorbereitung in den Tagesablauf stand zuerst eine theoretische Übungseinheit auf dem Plan. Frau Dr. Ulrike Rodenstein unterrichtete die Feuerwehrleute hinsichtlich der spezifischen Besonderheiten eines Sicherheitsdatenblattes. Dabei erläuterte sie unter anderem, welche der vielen Informationen für die Feuerwehr wichtig und wo sie zu finden sind. Sicherheitsdatenblätter sind gemäß Gesetzesvorgabe bei Verwendung / Lagerung von chemischen Gefahrstoffen vorzuhalten und den Einsatzkräften im Bedarfsfall vorzulegen.
Den Anfang der praktischen Ausbildung bildete die Wiederholung bzw. Auffrischung zur Nutzung und Inbetriebnahme von Messgeräten sowie die anschließende Dokumentation der Messdaten durch Patrick Webler – Gerätewart der Einheit.
Als erstes Einsatzszenario des Tages wurde dann angenommen, dass bei Reinigungsarbeiten im Chemie – Unterrichtssaals einer Schule Glasbehälter mit unterschiedlichen Chemikalien beschädigt und die Stoffe dabei vermischt wurden. Um dem Ganzen einen realen Eindruck zu vermitteln hatte der Fachberater Dr. Axel Rodenstein vorab im Labor mögliche Szenarien in Versuchsreihen ausgetestet. Die (für die Feuerwehrkameraden unbekannten) flüssigen Stoffe wurden dann auf einem Übungsgelände in bereitgestellten Gefäßen vermischt. Für die Einsatzkräfte erkennbar, stieg Rauch durch die chemische Reaktion der Stoffe auf. Die Aufgabe der Messtrupps bestand nun darin, nach der Erkundung der Einsatzlage, Stoffinformationen zu sammeln und messtechnische Analysen durchzuführen. Mit diesen Angaben erfolgte durch die übrige Mannschaft eine Analyse zur Eingrenzung bzw. Bestimmung der möglichen Stoffe, anschließend die Datenrecherche und Bereitstellung der Stoffdaten unter Verwendung etablierter Datenbanken. Wie bereits im morgendlichen Theorieblock erlernt, würden bei einem solchen Einsatz Sicherheitsdatenblätter durch die verantwortlichen Mitarbeiter der Schule bereitgestellt werden. Selbstverständlich standen diese auch im Übungsgeschehen zur Verfügung und somit konnte das erlernte Theoriewissen direkt praktisch zur Anwendung kommen. Die nächste Herausforderung für die Gefahrstoffstaffel bestand nun darin, abzuleiten, was aus den vermischten Stoffen entsteht, bzw. welche Gefahren daraus hervorgehen. Spätestens hier kommt nun der Fachberater ins Spiel. Mit seinem fachlichen (Chemie-)Wissen berät er die Feuerwehreinheiten so, dass daraus ein gerichtetes Vorgehen zur Gefahrenabwehr abgeleitet werden kann. Nachdem sich die Stoffe miteinander abreagiert hatten, erfolgte eine abschließende Messung und Analyse der Reaktionsprodukte.
Nach der Mittagspause folgte ein ähnliches Übungsszenario. In diesem Fall jedoch mit einem gasförmigen Gefahrstoff, der häufig in Unternehmen vorkommt, aber auch im Gärprozess bei Biogasanlagen entsteht. Ergänzt wurde diese Übung durch die Erprobung neuer Atemschutz- und Funkausrüstung des Gefahrstoffzuges. Diese Ausrüstung ist ein weiterer Technologiesprung, in diesem Fall durch die Verwendung von Bluetooth – Modulen zur Sprachübertragung. Diese erlaubt es den Atemschutzträgern sich untereinander zu verständigen, ohne dabei, wie bis dato üblich, Knöpfe drücken und halten zu müssen. Somit bleiben die Hände frei zum Arbeiten. Eine enorme Erleichterung insbesondere beim Arbeiten unter Vollschutzanzügen. Diese Ausrüstung wurde flächendeckend für alle Teileinheiten des Gefahrstoffzuges beschafft und steht ab sofort zum Einsatz bereit.
In den letzten Jahren hatte die Facheinheit bereits ähnliche Ausbildungstage mit großem Erfolg durchgeführt. Durch die Einbeziehung der beiden Fachberater und die damit einhergehende Möglichkeit mit realen chemischen Stoffen unter fachlich kompetenter Aufsicht zu üben, zeigte sich auch hier ein enorm hoher Ausbildungseffekt. Das nächste Ziel ist nun, in größeren Übungsszenarien unter Einbeziehung der Fachberater im gesamten Gefahrstoffzug zu üben. Zudem wird gemeinsam ein digitales Unterrichtskonzept mit theoretischen Ausbildungsinhalten entwickelt. Dieses lässt dann zukünftig eine Ausbildung im „Home-Office“ der Feuerwehrleute zu. Neben der Tatsache, Zeit und Wege zu sparen, bietet diese Ausbildungsform zudem die Möglichkeit falls notwendig, als Kompensation für Ausfälle von Unterrichtseinheiten bedingt durch COVID19 oder ähnliche Situationen zu dienen.