Teamwork bei der technischen Unfallrettung: Feuerwehren aus Bad Kreuznach und Rüdesheim trainieren zusammen die technische Hilfeleistung nach Verkehrsunfällen

Auf 17 Kilometern verläuft die Autobahn A 61 von Dorsheim bis Rheinböllen durch den Landkreis Bad Kreuznach. Mehr als doppelt so lang, nämlich auf über 40 Kilometern, schlängelt sich die Bundesstraße 41 im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle der B 50 bei Gensingen und Kirn-Sulzbach durch das Nahetal. Gut die Hälfte der Strecke ist mittlerweile vier- oder mindestens dreispurig ausgebaut. Weitere Bundestraßen wie die B 420 von Frei-Laubersheim bis Meisenheim, die B 48 und B 428 sowie die B 421, die das Naheland von Simmertal über das Kellenbachtal mit dem Flughafen Hahn verbindet sowie der Autobahnzubringer L 236 sorgen für die notwendige Verkehrsinfrastruktur für die Landkreisbewohner.

Für Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehren in der Naheregion gehören diese viel befahrenen Verkehrswege zu häufigen Einsatzgebieten. Die Einsätze zur Rettung eingeklemmter Personen aus deformierten Fahrzeugen ist zwar dank modernerer Fahrzeugtechnik mit Airbag, ABS und vor allem stabileren Fahrgastzellen im Vergleich zu den 1980er und 1990er Jahren deutlich zurückgegangen. Aber wenn die Feuerwehren heutzutage zur Menschenrettung nach Unfällen alarmiert werden, gestaltet sich die Befreiung in aller Regel anspruchsvoller.

Dabei ist es von essenzieller Bedeutung, dass die kommunalen Aufgabenträger die Ausstattung der Wehren auf dem aktuellen Stand der Technik halten und an die hochfesten Materialien der Fahrzeuge anpassen. Mit einer hydraulischen Rettungsschere aus dem Jahr 1995 ist bei Kraftfahrzeugen der aktuellen Generation schließlich kein Start mehr zu machen. Und damit die Einsätze routiniert abgearbeitet werden können, bilden sich die Wehrleute in regelmäßigen Übungen und Seminaren auf Landkreisebene fort und trainieren die Anwendung und Bedienung ihres Equipments zur technischen Hilfeleistung.

Eine gemeinsame Ausbildungseinheit mit dem Thema „Technische Hilfeleistung nach Verkehrsunfällen“ führten die Löschbezirke Nord und Ost der Freiwilligen Feuerwehr Bad Kreuznach und die Freiwillige Feuerwehr Rüdesheim/Nahe am vergangenen Mittwoch auf dem Gelände der Firma Geiss Metall GmbH in Bad Kreuznach-Planig durch. Dank der Initiative von Feuerwehrkamerad Yves Markgraf vom Löschbezirk Nord und Thomas Tiedtke, Bezirksbergeleiter bei der Firma Bott Abschleppdienst GmbH, bot sich den 33 Übungsteilnehmern die sehr seltene Gelegenheit, an einem ausgedienten Gelenkbus den Einsatz von hydraulischen und pneumatischen Rettungs- und Hebegeräten zu üben. Der zur Verschrottung vorgesehene 18 Meter lange Ziehharmonikabus wurde vor seiner „letzten Fahrt“ in die Schrottpresse von den Feuerwehrleuten ordentlich auseinandergenommen und filetiert. Zusätzlich konnten die Aktiven auch an zwei ausrangierten Pkw üben.

Brandmeister Alexander Roßkopf, ausgebildeter LKW-Mechaniker, Kreisausbilder „Technische Hilfe“ und im Hauptberuf als Beamter bei der Mainzer Berufsfeuerwehr tätig, stellte den Übungsteilnehmern zu Beginn der Ausbildung die Besonderheiten bei Unfällen mit Bussen vor. Allein die Fahrzeuggröße, die mögliche Anzahl an Businsassen sowie das Gewicht stellen die Einsatzkräfte im Vergleich zu normalen Pkw vor ganz andere Herausforderungen. Bei der Vorstellung des Fahrzeugs zeigte der erfahrene Ausbilder unter anderem schnelle Zugangsmöglichkeiten in den Bus sowie stellte die verschiedenen Antriebsarten vor.

Im Anschluss legten die Teilnehmer direkt mit dem praktischen Teil der Ausbildung los. An insgesamt vier Übungsstationen wurde die Durchführung von technischen Rettungsmaßnahmen zur Befreiung eingeklemmter Businsassen unter Anwendung der Gerätschaften von den beiden Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeugen HLF 20 der Löschbezirke Nord und Ost sowie des Rüstwagens aus Rüdesheim geübt. Dabei kamen gemischte Teams der drei Einheiten zum Einsatz, um die Zusammenarbeit zu fördern. Schließlich rücken die Einheiten bei bestimmten Alarmstichworten zu Einsätzen auf die B 41 auch gemeinsam aus.

Löschbezirksführer Heiko Hans vom LB Nord übte mit einem Team die Anwendung des Stabilisierungssystems, das seit kurzem zur Beladung des HLF 20 gehört. Dabei wurde das Unfallfahrzeug sowohl in der Seiten- als auch in der Dachlage stabilisiert.

Die Befreiung eines Patienten, der unter dem Bus eingeklemmt war, trainierte die Mannschaft um den stellvertretenden VG-Wehrleiter Rouven Ginz aus Rüdesheim. Mit pneumatischen Hebekissen und hydraulischen Hebern wurden nach dem Unterbauen des Fahrzeugs mehrere Varianten zum Anheben des 24 Tonners probiert.

Alexander Roßkopf zeigte den Feuerwehrkräften, wie mit relativ geringem Aufwand eine große Seitenöffnung in der Buswand geschaffen werden kann, um Patienten schonend zu befreien. Hier kamen nach der Entfernung einer großen Seitenscheibe neben der Rettungsschere auch Geräte wie Säbelsäge, Halligan-Tool, Blechaufreißer und Motortrennschleifer zum Einsatz.

Die Einsatzkräfte um Rüdesheims Wehrführer Martin Barth hatte sich das Ziel gesetzt, den nach einem Frontalcrash hinter seinem Lenkrad eingeklemmten Busfahrer zu befreien. Diese Aufgabe gestaltete sich sehr aufwendig und zeitintensiv. Nach Entfernung der Front- und Seitenscheiben und der Reling im Bereich des Buseinstiegs erfolgten mit der hydraulischen Rettungsschere mehrere Entlastungsschnitte im Bereich der Fahrzeugfront und der A-Säule. Dabei zeigte sich sehr eindrücklich, wie wichtig die neueste Generation von hydraulischen Rettungsgeräten ist. Eine etwa 15 Jahre alte Rettungsschere hatte nicht genügend Kraft aufbringen können, um den Holm zu durchtrennen. Erst mit Hilfe der modernen Schere mit einer Schneidkraft von rund 100 Tonnen konnte die Säule geknackt werden. Mit dem Spreizer und einem Rettungszylinder drückten die Wehrleute die Fahrzeugfront so weit nach vorne, dass der Fahrer problemlos befreit werden konnte.

Die an den jeweiligen Stationen durchgeführten Schritte wurden den anderen Teams in regelmäßigen Lagedarstellungen vorgestellt. Heiko Hans und Rouven Ginz dankten den Teilnehmern in der Abschlussbesprechung für ihre motivierte Mitarbeit. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die gemeinsame Übung an dem Gelenkbus eine seltene und großartige Gelegenheit war, an Fahrzeugen dieser Dimension zu trainieren. Ein besonderer Dank galt Geschäftsführer Kay Klonner von der Geiss Metall GmbH für die zur Verfügungstellung des Übungsgeländes und Bezirksbergeleiter Thomas Tiedtke von der Bott Abschleppdienst GmbH für die Bereitstellung des Gelenkbusses.

Text: Rouven Ginz, Wehrleiter-Stellvertreter und Pressesprecher Feuerwehr VG Rüdesheim

Bilder: Freiwillige Feuerwehr Bad Kreuznach und Freiwillige Feuerwehr Rüdesheim/Nahe

Fachbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit