Schulung „Gefahren bei Bahnunfällen“ der Feuerwehreinheit Rüdesheim

Seit dem ersten Januar 2017 hat sich die Verbandsgemeinde Rüdesheim durch die Aufnahme der Gemeinden Duchroth, Niederhausen, Norheim, Oberhausen und Traisen auf 32 Orte vergrößert, die Einwohnerzahl stieg um 3.500 Bürgerinnen und Bürger und die Fläche der VG Rüdesheim wuchs um rund 26 Quadratkilometer auf nun 197 Quadratkilometer.

Für die Feuerwehren aus Rüdesheim und Waldböckelheim bedeutete die Auflösung der früheren Verbandsgemeinde Bad Münster am Stein-Ebernburg und den Zugewinn der fünf Gemeinden eine Erweiterung ihrer Aufgabengebiete. Beide Wehren sorgen als Stützpunkte gemeinsam mit 13 Ortswehren im einwohnerstarken Süden der VG Rüdesheim für die Sicherheit von mehr als 19.000 Einwohnern in 16 Ortsgemeinden. Zu ihren Einsatzgebieten gehören neben neun Kindertagesstätten, sechs Grundschulen, einer Realschule Plus und einer kooperativen Gesamtschule auch ein Seniorenzentrum mit 90 Betten. Auch die vierspurige B 41-Achse zwischen Rüdesheim und Bad Sobernheim-Steinhardt sowie die Landesstraßen 108 und 236 mit mehreren Gewerbegebieten in dieser verkehrsgünstigen Lage bieten Gefahrenpotenziale für die 15 Feuerwehren.

Während die Feuerwehr Waldböckelheim bereits vor der Gebietsreform primär für einen kleinen Abschnitt der Bahnstrecke Frankfurt-Saarbrücken im Bereich Boos und Schloßböckelheim zuständig war, vergrößerte sich das Einsatzgebiet sowohl für die Rüdesheimer als auch für die Waldböckelheimer Aktiven durch den Zugewinn der neuen Gemeinden auf 15 Kilometer Eisenbahnstrecke zwischen Bad Münster am Stein-Ebernburg und Staudernheim. Auf der kurvenreichen Strecke durch das Nahetal kreuzen die Bahnschienen die Fahrbahnen für den Auto- und Fußgängerverkehr sowohl inner- als auch außerorts an insgesamt acht Bahnübergängen, die teilweise durch Vollschranken, mancherorts aber auch nur durch Halbschranken gesichert sind. Zusätzlich führt die Strecke durch drei Tunnel, davon zwei bei Norheim und einer hinter Boos in Richtung Staudernheim.

Für die Rüdesheimer Mannschaft um Wehrführer Martin Barth gehörten Einsätze im Bereich der Bahnstrecke bislang nur sekundär zum Einsatzgeschehen. Zwar gab es in der Vergangenheit den ein oder anderen Einsatz auf der Bahnstrecke bei Boos, für die meisten Aktiven sind derartige Einsätze aber Neuland. Um sich auf mögliche Einsätze im Bereich von Gleisanlagen vorzubereiten, nahm Martin Barth Verbindung zur Deutschen Bahn auf. So kam der Kontakt zu Notfallmanager Cihan Cetin zustande. Er ist einer von fünf Notfallmanagern und Bezirksleiter Betrieb im Bezirk Kirn. Die Notfallmanager bieten für die Feuerwehren an den Bahnstrecken regelmäßig Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen an.

Am vergangenen Dienstag stand im Rahmen der wöchentlichen Ausbildung der Feuerwehr Rüdesheim eine Ausbildungsveranstaltung zum Thema „Gefahren bei Einsätzen im Gleisbereich“ auf dem Dienstplan.

Notfallmanager Cihan Cetin hatte ein interessantes und informatives Schulungspaket geschnürt, das die Einsatzkräfte auf Einsätze im Gleisbereich vorbereitet. Die Vorstellung des Einsatzgebietes der fünf am Bahnhof in Kirn stationierten Notfallmanager, deren Zuständigkeitsbereich sich auf die Nahetalstrecke zwischen Bretzenheim und Neubrücke sowie auf die stillgelegte, aber für Veteranenfahrten noch genutzte Strecke zwischen Langenlonsheim und Büchenbeuren erstreckt, gehörte ebenso zur Einführung wie Erläuterungen zu den Elementen des Notfallmanagements und die Darstellung eines Einsatzablaufs bei Unfällen oder Notfällen im Gleisbereich. So sind die Standorte der Notfallmanager so gewählt, dass das Einsatzgebiet innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist. Für ihre Einsätze stehen den Notfallmanagern sogenannte Unfallhilfsfahrzeuge zur Verfügung, die nicht nur über eine Sondersignalanlage verfügen, sondern auch mit dem notwendigen Einsatzmaterial, beispielsweise zur Erdung von Oberleitungen, ausgestattet sind.

Oberleitungen findet man auf der Nahestrecke, die vom Bahnunternehmen Vlexx bedient wird, nicht, da die Strecke nicht elektrifiziert ist. Sollte ein Unfallereignis eintreten, ist die europaweit gültige Notrufnummer 112 immer das richtige Mittel der Wahl. Über die zuständige Leitstelle wird die Notfallleitstelle der Bahn rund um die Uhr erreicht. Notfallmanager Cetin informierte die Einsatzkräfte, dass Feuerwehr, Rettungsdienst und Hilfsorganisationen den Gleisbereich erst nach Erhalt des Bestätigungsfaxes über die Gleissperrung betreten dürfen. Liegt die Bestätigung nicht vor, geht von bewegten Eisenbahnfahrzeugen schließlich eine große Gefahr aus. Denn der Anhalteweg eines auf der Nahestrecke verkehrenden Regionalexpresses beträgt bei einer maximal gefahrenen Geschwindigkeit von 140 Stundenkilometern gute 600 Meter.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Notfallmanager und dem Einsatzleiter der Feuerwehr gehörte ebenfalls zum Themeninhalt der Schulungsveranstaltung. So informierte Cihan Cetin, dass der Notfallmanager an der Einsatzstelle durch eine orangefarbene Weste mit der Kennzeichnung „Notfallmanager“ erkennbar ist. Eine regelmäßige Kommunikation mit der Einsatzleitung vor Ort ist aus mehreren Gründen unbedingt erforderlich. Denn eines der obersten Ziele des Notfallmanagers ist es, den Bahnbetrieb auf der betroffenen Strecke wieder aufzunehmen. Und auch das Einsetzen der beiden in Rüdesheim und Waldböckelheim stationierten Bahnrettungssätze muss in enger Abstimmung mit dem Notfallmanager erfolgen. Denn im Verlauf des Einsatzes kann es zu einem Befahren des gesperrten Streckenabschnittes kommen, wenn zum Beispiel eine Ersatzlok den Havaristen abschleppen muss. Eine auf den Gleisen befindliche Rettungsplattform mit Einsatzmitteln wäre in diesem Fall nicht nur hinderlich, sondern auch eine Gefahr für alle Beteiligten.

Im Nachgang zur zweistündigen Ausbildungsveranstaltung soll im Sommer eine praktische Nachtübung im Bereich der Tunnelanlagen durchgeführt werden, bei der auch das Einsetzen des Bahnrettungssatzes geübt werden kann.

Wehrführer Martin Barth dankte Notfallmanager Cihan Cetin für die ausführliche Information seiner Mannschaft zu Einsätzen im Gleisbereich und freute sich über die Möglichkeit, den Einsatz im Gleisbereich auch praktisch üben zu können.

Weiterführender Link:

https://www1.deutschebahn.com/de/hidden_notfallmanagement/notfallmanagement/einsatzmerkblaetter_notfallmanagement-1198340?contentId=1198308

Text: Rouven Ginz, stellvertretender Wehrleiter & Pressesprecher

Fachbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit