Richtige Taktik im Atemschutzeinsatz ist lebenswichtig

Heißbrandausbildung bereitet die Atemschutzgeräteträger der VG Rüdesheim auf schwierige Einsätze vor

„Einsatz für die alarmierten Einheiten – Zimmerbrand mit Menschenrettung!“ – ein Alarm mit diesem Stichwort kann die Feuerwehren der VG Rüdesheim in allen 32 Gemeinden zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichen und in den Einsatz rufen. Dann gilt: jede Minute zählt, um die von Rauch und Feuer eingeschlossenen Personen so schnell wie möglich zu retten.

Brände in Gebäuden halten für die Einsatzkräfte eine Menge Gefahren bereit und bedeuten für die Frauen und Männer der Feuerwehr extremen Stress: hochgiftiger, heißer Brandrauch, der einem ohne Atemschutzgerät innerhalb weniger Sekunden die Luft zum Atmen raubt und die Sicht auf ein Minimum, ja sogar bis zur völligen Nullsicht reduziert. Dazu kommen unbekannte Räumlichkeiten, in denen sich die Aktiven Meter für Meter auf Knien vorkämpfen und die Wohnung nach Vermissten absuchen müssen. Und natürlich der extreme Zeitdruck.

In der Feuerwehrkreisausbildung lernen angehende Atemschutzgeräteträger (AGT) die Handhabung und die Vorgehensweise mit den Atemschutzgeräten kennen. Regelmäßige Ausbildungseinheiten in der eigenen Einheit festigen diese Kenntnisse und Fähigkeiten. Glücklicherweise gehen die Einsatzzahlen bei schweren Bränden in Gebäuden seit Einführung der Rauchmelderpflicht stetig zurück, da Brände früher entdeckt und so meist bereits in der Entstehungsphase gelöscht werden können. Für die Feuerwehren bedeutet das natürlich auch weniger Arbeit. Aber genau hier liegt die Krux: Mussten die AGT noch vor zwanzig Jahren regelmäßig „heiße“ Brände löschen und konnten dabei entsprechende Einsatzerfahrungen sammeln, kann es heute Jahre dauern, bis die Aktiven ihren ersten richtigen Atemschutzeinsatz fahren.

Für die Wehrleitung der Verbandsgemeinde Rüdesheim war dieser Zustand nicht zufriedenstellend. „Unsere Atemschutzgeräteträger müssen das notwendige Handwerkszeug an die Hand bekommen, um im Innenangriff bei Gebäudebränden richtig zu handeln – das ist lebenswichtig, zum einem für die zu rettenden Personen, aber auch für die Trupps selbst. Daher haben wir uns entschieden, unseren AGT eine Heißbrandausbildung anzubieten, die sie auf die Einsätze unter realen Bedingungen vorbereiten soll.“ erklärt Jörn Trautmann, stellvertretender VG-Wehrleiter und Organisator der Heißbrandausbildung.

Die Firma FEUERCON aus dem nordrhein-westfälischen Erkrath führte die Ausbildung der insgesamt 93 Teilnehmer am vergangenen Wochenende auf dem Gelände am Sportplatz Waldböckelheim durch. Hierzu hatte FEUERCOM eine mobile Realbrandübungsanlage mitgebracht und aufgebaut. Die feststoffbefeuerte Anlage, die aus zwei 40 Fuß-Containern besteht, simuliert auf 60 Quadratmetern Übungsfläche mit verschiedenen Brandstellen die Merkmale einer typischen Wohnung mit Flur, Wohnzimmer und Küche.

Die Ausbildung startete am Freitagabend für 14 Führungskräfte mit einem Training zum Thema „Rauchgasdurchzündung“. Die Teilnehmer konnten dabei nach einer theoretischen Unterweisung die Brandverläufe vom Entstehungsbrand über den Flash-Over bis zum Phänomen der Rauchgasdurchzündung beobachten. Die Unterschiede zwischen Flash-Over und Rauchgasdurchzündung, Rauchschichten richtig zu deuten und eine drohende Durchzündung zu erkennen sowie der Gefahr mit verschiedenen Möglichkeiten entgegenzuwirken waren ebenso Ausbildungsinhalte wie die weitere Vorgehensweise nach einer erfolgten Durchzündung. Wichtige Erkenntnisse des Abends waren, wie sich die AGT bei einer plötzlichen Durchzündung schützen können und dass Sie sich auf Ihre Schutzkleidung verlassen können.

Am Samstag und Sonntag stand dann für 79 Atemschutzgeräteträger ein umfangreiches einsatztaktisches Training auf dem Programm. Dabei mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Einsatzszenarien unter realistischen Bedingungen im Innenangriff abarbeiten. Themenschwerpunkt war die Menschenrettung, bei der Räume strukturiert abgesucht wurden. Natürlich kam auch die Brandbekämpfung nicht zu kurz. Denn das Kennenlernen der Hitze in einem Brandraum war ebenso Ausbildungsziel wie die Umsetzung der Einsatztaktik unter realistischen Einsatzbedingungen. Fehler, die die AGT dabei machten, konnten sie so gleich erkennen, aus den Folgen ihres Handelns direkt lernen und die Taktik optimieren. Im Anschluss an jede Ausbildungseinheit gab es in einer Feedbackrunde hilfreiche Tipps und Anregungen der erfahrenen Instruktoren.

Jörn Trautmann hatte die beiden Tage strukturiert organisiert, um möglichst wenig Leerlauf zu haben. Und das klappte hervorragend. Die Rückmeldungen der Teilnehmer waren durchweg positiv, die abgekämpften, aber zufriedenen Gesichter der Atemschutzgeräteträger bestätigten dies. Davon überzeugten sich auch Bürgermeister Markus Lüttger und sein Beigeordneter Michael Schaller, die vorbeischauten und sich ein Bild des Ausbildungswochenendes machten. Ein herzliches Dankeschön richtete Jörn Trautmann nicht nur an die Verbandsgemeinde Rüdesheim als Aufgabenträger für die Bereitstellung der Mittel, sondern auch an die Feuerwehr Waldböckelheim, die freitags beim Aufbau unterstützte, und an die Feuerwehr Rüdesheim, die für die Logistik und abschließende Reinigung der Räumlichkeiten sorgte.

Text: Rouven Ginz, stellvertretender Wehrleiter

Bilder: Feuerwehr VG Rüdesheim

Fachbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit