Führungskräftefortbildung der VG Rüdesheim

„Nicht jeder Schornsteinbrand ist ein Schornsteinbrand“

Zur ersten Führungskräftefortbildung waren am vergangenen Samstag 40 Wehrführer und ihre Stellvertreter, Zugführer und Gruppenführer der Feuerwehren der VG Rüdesheim in den großen Sitzungssaal der Verbandsgemeindeverwaltung Rüdesheim gekommen. Die Wehrleitung hatte als Seminarinhalte die Themenbereiche „Schornsteinbrandbekämpfung“, „Rechtliche Grundlagen bei Einsätzen zu Türöffnungen und zur Unterstützung des Rettungsdienstes“ sowie „Schlauchmanagement“ vorgesehen.

Wehrleiter Christian Vollmer freute sich bei der Begrüßung der Teilnehmer, dass es gelungen war, Schornsteinfegermeister Klaus Wendel aus Herrstein für ein Referat zum Thema „Schornsteinbrandbekämpfung“ zu gewinnen. Der ehemalige Hauptbrandmeister ist ein Feuerwehrurgestein und war mehr als 26 Jahre Wehrführer der Stützpunktfeuerwehr Herrstein und Feuerwehrkreisausbilder im Landkreis Birkenfeld. Als Mitglied im technischen Ausschuss und Referent zu den Themen „Standardeinsatzregeln“, „Organisation des Brandschutzes in der Fläche“ und „Schornsteinbrandbekämpfung“ ist der Hunsrücker ein über die Landesgrenzen hinaus anerkannter Fachmann, der auch im DIN-Normenausschuss „Feuerwehrwerkzeugkästen“ mitarbeitet.

Klaus Wendel zeigte zu Beginn die Entstehungsgeschichte der Schornsteine vom Mittelalter bis zum modernen mehrwandigen Kamin auf. Aus seiner großen beruflichen Erfahrung und zahlreichen Einsätzen heraus, wusste er zu berichten, dass nicht jeder Schornsteinbrand ein Schornsteinbrand ist und die Erkundung das A und O für eine erfolgreiche Brandbekämpfung ist. Waren die Kamine früher gemauert, so sind die modernen Schornsteine heute gedämmt. Kommt es nun zu einer Verstopfung des Kaminrohrs, kann die Temperatur heute nicht mehr entweichen, sodass ein Wärmestau entsteht. Daher ist es wichtig, auch die an den Schornstein angrenzenden Wände und Öffnungen zu kontrollieren. In älteren Gebäuden im Soonwald und im Hunsrück sind noch besteigbare Schornsteine zu finden. Hier kann ein zu langes Zögern beim Einsatz von Wasser als Löschmittel zur Brandausbreitung führen.

Interessant war die Demonstration von verbranntem und unverbranntem Glanzruß. Der Glanzruß entsteht zum Beispiel dann, wenn zu nasses Kaminholz verbrannt wird. Im schlimmsten Fall kann das Kaminrohr hierdurch verstopfen. Wendel empfiehlt daher dringend, nur Kaminholz zu verwenden, dass mindestens drei Jahre getrocknet wurde. Denn grundsätzlich brennt nicht der Kamin, sondern der Glanzruß. Hier hilft dann nur das Putzen des Schornsteins mit speziellem Werkzeug.

Die Bekämpfung von Schornsteinbränden ist laut Wendel mindestens eine Aufgabe für eine Löschgruppe, bei Mehrfamilienhäusern gar für einen Löschzug. Zudem lauern beim Einsatz natürlich auch einige Gefahren, die es im Vorfeld auszumerzen gilt. So muss der Einsatzleiter bei Putzarbeiten, die vom Dach ausgeführt werden, auf die Absturzsicherung achten. Auch den Trümmerschatten muss der Einsatzleiter im Hinterkopf behalten, damit beim Absturz von Kaminteilen keine Feuerwehrleute oder Einsatzmittel in Gefahr gebracht werden. Die Stromeinspeisung von Objekten in Ortskernlagen erfolgt vielerorts noch über sogenannte Dachständer. Hier haben die Einsatzkräfte unbedingt die erforderlichen Sicherheitsabstände einzuhalten, um einen Stromschlag zu verhindern.

Wendel stellte einen von ihm entwickelten Feuerwehrwerkzeugsatz „Schornsteinbrandbekämpfung“ vor und erläuterte, wie das Putzen eines Kamins durchgeführt wird. Der Einsatz von Pulverfeuerlöschern und Schwefelspänen zur Brandbekämpfung ist ungeeignet. Das Löschmittel Pulver verursacht im schlimmsten Fall mehr Schaden durch Schmutz und Rauch, die Brandbekämpfung mit Schwefelspänen dauert zu lange. Wendels Devise: „Die Bekämpfung eines Schornsteinbrandes muss nach 60 Minuten abgeschlossen sein!“ Und zum Schluss seines sehr kurzweiligen und ansprechend gestalteten Vortrages hielt er eine wichtige Botschaft für die Führungskräfte parat: „Jeder Bewohner einer Wohnung oder eines Wohnhauses hat das Recht auf Privatsphäre. Geht deshalb bitte nur mit so vielen Leuten in das Gebäude, wie ihr wirklich benötigt und wandert nicht mit der kompletten Wehr durch das Haus!“

Wehrleiter Christian Vollmer dankte Klaus Wendel für seine hervorragenden Ausführungen mit einer Rüdesheimer Schatzkiste und nahm das Angebot, eine praktische Übung zum Thema „Schornsteinbrandbekämpfung“ durchzuführen, gerne an.

Christian Vollmer übernahm im Anschluss die zweite Unterrichtseinheit „Rechtliche Grundlagen bei Einsätzen der Feuerwehr“. Auch vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Einsatzzahlen in den Bereichen „Türöffnungen auf Anforderung durch den Rettungsdienst und/oder die Polizei“, „Unterstützung Rettungsdienst/Tragehilfe“ oder „ausgelöste Rauchmelder in privaten Wohnungen“ handelt es sich um einen sehr aktuellen Themenbereich.

Der Wehrleitung ist es daher ein großes Anliegen, ihren Führungskräften das erforderliche Wissen zu vermitteln, welche Maßnahmen die Feuerwehr zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben beispielsweise auch gegen den ausgesprochenen Willen von Hauseigentümern durchführen darf. Wehrleiter Vollmer sensibilisierte die Teilnehmer dafür, die vorliegende Gefahr richtig einzuschätzen und auch die Erkundung vollständig durchzuführen und auf jeden Fall immer auf Anwesenheit der Polizei an der Einsatzstelle zu bestehen.

Wieviel Schlauchlängen muss der Angriffstrupp mindestens mitnehmen, um einen Zimmerbrand im Dachgeschoss eines Einfamilienwohnhauses bekämpfen zu können? Gibt es eine einfache Möglichkeit, eine Angriffsleitung ohne großen Aufwand zu verlängern? Antworten zu diesen und anderen Fragen zum Thema „Schlauchmanagement“ gaben die beiden Wehrleiter-Stellvertreter Jörn Trautmann und Rouven Ginz. In einer einstündigen Unterrichtseinheit vermittelten Sie den Teilnehmern in Theorie und Praxis die zielführende Handhabung des Schlauchmaterials. Neben dem Aufbau einer Angriffsleitung mittels Schlauchtragekörben und Rollschläuchen zeigten Ginz und Trautmann auch die Verlängerung der Schlauchleitung im Gebäude mithilfe von Schlauchpaket und Absperrorgan.

In der Abschlussbesprechung bedankte sich Wehrleiter Christian Vollmer bei den Teilnehmern und Referenten und kündigte eine regelmäßige Wiederholung der Führungskräftefortbildung an.

 Text: Rouven Ginz, Wehrleiter-Stellvertreter

Bilder: Feuerwehr VG Rüdesheim

Fachbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit