Ausbildung: Feuerwehr Rüdesheim besucht Seminar „Verhalten bei unkontrolliertem Austritt von Erdgas und Löschen von Gasbränden“

„Gas ist eine absolut handlebare Gefahr!“

Die Nutzung von Erdgas als Energieträger zur Beheizung von Wohn- und Gewerbeimmobilien wird immer beliebter. Denn Erdgas verursacht im Vergleich zu Öl weniger Kohlendioxid pro Kilowattstunde. Somit gewinnt der klimafreundliche Energieträger grade im privaten Wohnungsbau eine immer größere Bedeutung.

Die Versorgung der Haushalte mit Erdgas erfolgt über Transport- und Verteilnetze, die den Brennstoff über den Hausanschluss in die Gasheizungen und Brennwertthermen einspeisen. Kommt es in den Versorgungsnetzen zu Leckagen und tritt Erdgas aus, ist neben dem Gasversorgungsunternehmen oft auch die Feuerwehr gefragt.

Zu einem solchen Einsatz wurde die Feuerwehr Rüdesheim/Nahe im vergangenen Dezember frühabends in die Roxheimer Straße gerufen. Durch eine Undichtigkeit in der Gasleitung drang Wasser in das Verteilnetz ein. Als die Mitarbeiter der für das Rüdesheimer Gasnetz zuständigen Westnetz GmbH das Leck im Bereich der alten Schule geortet hatten, erfolgte die Anforderung der Feuerwehr. Die Einsatzkräfte stellten den Brandschutz sicher und sperrten die Einsatzörtlichkeit ab, bis das Leitungsstück abgedichtet war. Da sich das Gas-Luftgemisch mittlerweile auch im Kanal verteilt hatte, wurde dieser mit Unterstützung der Bad Kreuznacher Feuerwehr mittels starken Gebläsen belüftet.

Weil den Einsatzkräften aufgrund einer geringen Einsatzhäufigkeit bei derartigen Einsätzen in der VG Rüdesheim die notwendige Erfahrung fehlt, keimte in Wehrführer Martin Barth bei der anschließenden Nachbetrachtung des Einsatzes die Idee, seine Aktiven für den Einsatz bei Unfällen mit Erdgas zu schulen. Der Kontakt zur Westnetz GmbH, einer Tochtergesellschaft der innogy SE, war über private Kontakte zu Westnetz-Mitarbeiter Stephan Wirth aus Mandel rasch hergestellt.

Für ihre Mitarbeiter und die Feuerwehren bietet Westnetz das Tagesseminar „Verhalten bei unkontrolliertem Austritt von Erdgas und Löschen von Gasbränden“ an. Am vergangenen Samstagmorgen machten sich 20 Feuerwehrfrauen und -männer gemeinsam mit Michael Spiel, Meister bei Westnetz, auf den Weg zum Aus und Weiterbildungszentrum (AWZ) des Gasversorgungsunternehmens nach Niederzier in der Nähe von Düren/NRW.

Die beiden Referenten Frank Swoboda und Michael Blum, beide Ausbilder „Erdgas und Brandschutz“ und ehrenamtliche Feuerwehrangehörige im Kreis Düren, hatten für die Rüdesheimer ein informatives und lehrreiches Schulungsprogramm zusammengestellt.

Nach dem gemeinsamen Frühstück und einer Vorstellungsrunde, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erwartungen und Wünsche an das Seminar mitteilen konnten, referierten die erfahrenen Brandschutzausbilder in einem zweistündigen Theorieteil unter anderem über den Aufbau der Gasnetze und Hausanschlüsse in Gebäuden sowie die grundsätzlichen Eigenschaften von Erdgas. Der Hauptbestandteil des farb- und geruchlosen, ungiftigen aber sauerstoffverdrängenden Energieträgers, der brennbar und leichter als Luft ist, besteht aus Methan. Der Explosionsbereich von Erdgas liegt zwischen 4 und 17 Vol.%, die Zündtemperatur beträgt 640 °C. Ausströmendes Erdgas kann in Verbindung mit Strom eine heikle Sache sein. „Grundsätzlich ist Gas aber eine absolut handlebare Gefahr!“, betonten Swoboda und Blum. Wie eine Leckage vom Gasversorgungsunternehmen beispielsweise mit einer Blase dichtgesetzt wird und welche Maßnahmen der Feuerwehr notwendig werden, waren weitere Inhalte der theoretischen Schulung. Drei Merksätze galt es sich zu behalten: Erstens: Brennendes Gas explodiert nicht! Zweitens: Ein Gasbrand muss nur bei Gefahr für Menschen gelöscht werden! Und Drittens: Die größte Gefahr ist unkontrolliert austretendes Gas!

Nach der Mittagspause hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ausgetretenes Gas mit Hilfe von Messgeräten nachzuweisen. Die technischen Einrichtungen, die Westnetz in ihrem AWZ vorhält, sind speziell auf die Ausbildung für Gasunfälle ausgelegt. So gibt es mehrere Übungsbaugruben, die mit verschiedenen Gasarmaturen, aber auch Wasser- und Stromleitungen bestückt sind. Im weiteren Verlauf der Ausbildung bot sich den Aktiven die einmalige Gelegenheit, einen realen Gasbrand mit Feuerlöschern und Hohlstrahlrohr zu bekämpfen. Hierfür wurden in einer Baugrube realistische Erdgasbrände dargestellt. Für die Feuerwehrleute waren die im theoretischen Ausbildungspart beschriebenen Gefahren und Grenzen tatsächlich sichtbar und die enorme Hitzestrahlung deutlich spürbar.

Das Ausbilderteam Frank Swoboda und Michael Blum stellte dabei die Grenzen beim Einsatz verschiedener Löschmittel dar und demonstrierte auch die Auswirkungen von Fehlern bei der Brandbekämpfung. Nach der Vermittlung der korrekt angewandten Löschtechnik schlugen die Probanden die Gasflammen schnell und routiniert nieder.

In der abschließenden Feedbackrunde waren sich die Aktiven einig, dass sie mit den vermittelten Seminarinhalten nun über das nötige Knowhow verfügen, um bei einem Einsatz mit „Gasgeruch“ oder „Gasaustritt“ effektiv und sicher die richtigen Maßnahmen treffen können. Die Mitarbeiter von Westnetz betonten, dass das Gasversorgungsunternehmen von einem schnellen und entsprechend der Einsatzlage durchgeführten Feuerwehreinsatz profitieren kann. Schließlich sind die örtlichen Feuerwehren in aller Regel vor dem Notdienst des Versorgers vor Ort und leiten die ersten Maßnahmen ein.

Wehrführer Martin Barth bedankte sich abschließend bei der Westnetz GmbH für die Durchführung des aufschlussreichen Seminars.

Text: Rouven Ginz, stellv. Wehrleiter

Bilder: Feuerwehr Rüdesheim

Fachbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit